Die Zeit drängt. 2050, sagen Wissenschaftler, wird es in den Weltmeeren mehr Plastik als Fische geben. Bis dahin sollte es viele und auch möglichst verschiedene Lösungen geben, weshalb es unsinnig sei, sagt Marcella Hansch, andere als Konkurrenz anzusehen, die sich mit dem Umweltproblem befassen.

Die ursprüngliche Idee: Wasserstoff dient als Treibstoff für die Brennzellen der schwimmenden Müllbeseitigungsanlage, das CO2 als Nährstoff für auf der Wasseroberfläche der Anlage gezüchtete Algen, aus denen in fernerer Zukunft eine Art Bio-Kunststoff entstehen kann.
Die futuristisch aussehende Anlage bewirkt, dass Meereswasser durch die etwa 400 Meter langen und 35 Meter tiefen Zinken des Kamms strömt, gleichzeitig sorgt die Bauweise dafür, dass sich die Strömung beruhigt. Da Plastik leichter als Wasser ist und nur durch Strömung unter Wasser gezogen wird, steigen die Plastikteile innerhalb des Systems nach oben. Ohne Netze, um Fische nicht zu gefährden.

Eine Lokalzeitung schrieb über die Idee, ein Kläranlagenbetreiber lud die Architektin zu einer Messe ein, Fachleute begutachteten die technische Lösung und fanden sie: relevant und umsetzbar. Gestärkt von diesem Feedback konnte die Erfinderin ein Team sammeln und fand verschiedene Kooperationspartner an der RWTH Aachen. Anfang 2017 wurde ein gemeinnütziger Verein gegründet, in dem Menschen mit großer Expertise in Forschung, Konstruktion, Marketing und Organisation ehrenamtlich an der Verwirklichung des Projekts arbeiten. „Wir haben Vorträge gehalten, Diskussionsrunden besucht, in den Parlamenten vorgesprochen, uns mit Fachleuten aus aller Welt ausgetauscht. Alles ehrenamtlich, das hat viel Zeit gekostet und der Zuspruch und Erfolg haben uns zugleich Kraft gegeben“, sagt Marcella Hansch.

Eine Crowdfunding-Kampagne wurde gestartet und innerhalb weniger Monate kamen 230.000 Startkapital zusammen. „Jetzt können wir unsere Arbeit anders aufstellen, einige von uns können sich in Vollzeit mit dem Projekt befassen und das ist auch notwendig, wenn wir weiterkommen wollen. Seit 2019 arbeiten alle Teams in den Bereichen Forschung und Entwicklung, weil sich die Arbeit an Lösungen für Filtration, Verwertung und Konstruktion überschneiden.“

Und deutlich wird, die Motivation ist stetig! Innerhalb weniger Jahre hat sich das ursprüngliche Vorhaben beachtlich weiterentwickelt.

Das einstige Konzept sah den Einsatz der Plattform Pacific Garbage Screening auf dem offenen Ozean vor. Mit der Zeit gewann das Team einen ganzheitlicheren Blick auf das Thema. Somit wurde Ende 2018 der Entschluss gefasst die Arbeit auf Flussmündungen zu verlagen.
„Die Flüsse sind für den allergrößten Teil der weltweiten Plastikvermüllung in Meeren verantwortlich. Aber in Flüssen herrschen andere Bedingungen als im Meer, deshalb haben wir das Funktionsprinzip der Plattformen darauf angepasst.“ so Marcella Hansch.

Im technologischen Zentrum der inzwischen ausgereiften Strategie stehen die Müllsammelboote CollectiX.
Die Boote sammeln mit Hilfe der integrierten Sensoren, die mit KI arbeiten, nicht nur bis zu 20 Tonnen Müll, sondern auch wertvolle Daten. Müll-Hotspots werden durch die Unterstützung von Drohnen ausfindig gemacht. Dank einer Crowdfunding-Kampagne konnte im Sommer 2020 das erste Müllsammelboot für eine große Aufräumaktion in die Slowakei geschickt werden.
Ergänzt werden die Boote durch ein innovatives stationäres Plattformsystem: HiveX.
Das System, dessen Prototyp sich aktuell in der finalen Testphase befindet, operiert dabei besonders umweltfreundlich und energieeffizient.

Das Ziel von everwave ist es nicht nur Meere von Plastik zu befreien, sondern auch das gefangene Plastik als wertvolle Ressource weiterzudenken und in den Kreislauf zurückzuführen. Zusätzlich rückt neben den technischen Innovationen nun auch Umweltbildung und die Sensibilisierung der Öffentlichkeit in den Fokus.
Ein mit Pädagog*innen konzipierter Umweltbildungskoffer soll schon junge Menschen über Themen wie Nachhaltigkeit und Meeresschutz spielerisch aufklären. Denn bereits so früh wie möglich die Grundsteine für ein umweltbewusste Einstellung zu legen, ist eine wichtiger und besonders wirkungsvoller Beitrag zu einer nachhaltigen Gesellschaft.